(Für Literatur siehe Publikationen) • Angewandtes Antikörper-Engineering Ausgehend von unserer Grundlagentechnologie zur Produktion funktioneller Antikörperfragmente in E. coli (Skerra & Plückthun 1988; Skerra, 1993) beschäftigen wir uns mit dem Engineering von Antikörpern für interessante medizinische (z.B. Tumortherapie, Virusinfektionen, neuronale Regeneration) und biotechnologischen Anwendungen (Peptide Tags; neuartige Haptene; Kokristallisation mit Proteinantigenen). Wir klonieren geeignete Antikörper aus Hybridom-Zellinien oder führen Gensynthesen durch, vor allem auch zum Zweck der "Humanisierung" von Antikörpern (Schlapschy et al., 2004). Daneben beschäftigen wir uns mit dem rationalen de novo Design von Antikörpern. • Struktur-Funktionsanalyse von Lipocalin-Proteinen Die Lipocaline bilden eine weitverbreitete Klasse von Proteinen, von Bakterien bis zum menschlichen Organismus, wo sie für den Transport oder die Komplexierung von schlecht löslichen Vitaminen, Hormonen oder chemisch empfindlichen metabolischen Verbindungen dienen. Sie weisen eine charakteristische Faltung mit einem zentralen achtsträngigen β-Barrel und einer daran angelehnten α-Helix auf. Die kelchförmige Faßstruktur ist an einem Ende zum Lösungsmittel offen, wo vier Peptidschleifen den Eingang zur Ligandenbindungstasche bilden. Wir beschäftigen uns mit dem Studium der biochemischen Funktion vor allem der menschlichen Vertreter dieser Proteinfamilie sowie mit deren systematischer Strukturanalyse. So konnten wir unter anderem erstmals die Kristallstruktur des Tränenlipocalins sowie des Apolipoprotein D (Eichinger et al., 2007), eines Lipocalins im Blutplasma, aufklären. • Entwicklung der ANTICALIN-Technologie Während die faßartige Molekülarchitektur der Lipocaline strukturell hochkonserviert ist, weist deren Bindungsstelle hohe Variabilität auf, was im Einklang mit der Erkennung ihrer unterschiedlichen natürlichen Liganden steht. Wir haben dieses Prinzip aufgegriffen, um künstliche Lipocaline mit maßgeschneiderten Erkennungseigenschaften herzustellen. Dazu unterziehen wir die vier Peptidschleifen am Eingang zur Bindungstasche einer lokalen Zufallsmutagenese, stellen so Proteinbibliotheken mit großer kombinatorischer Komplexität her (> 1.000.000.000) und isolieren daraus durch Phage Display und Colony Screening Varianten, welche vorgegebene Liganden spezifisch und mit hoher Affinität erkennen. Diese Klasse künstlicher Bindungsproteine haben wir als Anticaline bezeichnet (Skerra & Schlehuber, 2005). Nachdem wir ursprünglich mit kleinen Liganden begonnen haben (Fluorescein, Digoxigenin), konzentrieren wir uns in der letzten Zeit vor allem auf medizinisch relevante Proteintargets (CD4, Aβ usw.). Die im Jahr 2001 gegründete Pieris AG entwickelt und vermarktet die Anticalin-Technologie für Anwendungen in der Humantherapie. • Struktur-Funktionsanalyse von Proteinen mit Relevanz in der Neuro-, Immun- und Entwicklungsbiologie Wir beschäftigen uns mit Proteinen – häufig Membranrezeptoren – wie Nogo-A (Zander et al., 2007), L1, MOG, Dkk-1, Calprotectin, CD33, CD16, Langerin (Chatwell et al., 2007) usw. mit dem Ziel der Röntgen-Strukturanalyse. Häufig gelingt es erst durch Protein-Engineering, die für die Strukturanalyse relevanten globulären Domänen einzugrenzen und deren gentechnische Produktion in ausreichender Ausbeute und proteinchemischer Reinheit zu realisieren. Dabei interessiert uns auch die Wechselwirkung dieser Proteine mit Liganden oder mit Antikörperfragmenten. Viele dieser Projekte werden in Kooperation mit anderen Arbeitsgruppen bearbeitet. • Proteinstabilität und -faltung sowie Chaperons Für viele unserer Projekte ist die Analyse und auch das gezielte Engineering der Stabilität von Proteinen von großer Bedeutung. Diesbezüglich verfügen wir über die notwendige apparative Ausstattung. Zudem interessiert uns die Effizienz der intrazellulären Proteinfaltung, vor allem mit dem Ziel, diese für wertvolle rekombinante Proteine zu optimieren. In diesem Zusammenhang konnten wir die Kristallstruktur des periplasmatischen Chaperons Skp von E. coli aufklären (Korndörfer et al., 2004). Auch an der Struktur bestimmter eukaryontischer Chaperons (z.B. BiP) sind wir interessiert. Zudem haben wir kürzlich ein nützliches Koexpressionssystem für vier periplasmatische Faltungshelferproteine in E. coli entwickelt (pTUM4; Schlapschy et al., 2006). • Manipulation pharmakologischer Eigenschaften Für die Wirkung vieler therapeutisch interessanter Proteine (Antikörperfragmente, Interferone, Anticaline usw.) ist eine lange Plasma-Halbwertszeit essentiell. Wir arbeiten diesbezüglich an neuen Strategien. Z.B. haben wir eine bakterielle Albuminbindungsdomäne zur Verlägerung der Zirkulation eingesetzt, und wir sind dabei, neue Aminosäurepolymersequenzen zu entwickeln, die sich mit dem therapeutischen Protein gentechnisch fusionieren lassen und dessen Plasmastabilität deutlich erhöhen (Schlapschy et al., 2007). • Erweiterung des genetischen Codes Der Einbau nichtkanonischer Aminosäuren mit neuartigen Seitenketten und biochemischen Funktionen in rekombinante Proteine besitzt großes Potential für die zukünftige Entwicklung des Protein-Engineerings. Wir sind dabei, geeignete gentechnische Systeme für die Biosynthese solcher modifizierter Proteine in E. coli zu entwickeln, die nicht nur robust funktionieren sondern auch die Produktion entsprechender Wirkstoffe im präparativen Maßstab gestatten. • Enzym-Engineering Künstliche Enzyme mit neuen Substrat- und Produktspezifitäten sowie verbesserter Stabilität sind nicht nur interessante Studienobjekte für das rationale und kombinatorische Protein-Design sondern spielen eine zunehmende Rolle für Anwendungen in der "weißen" Biotechnologie. Wir haben Forschungsprojekte begonnen, bei denen wir einerseits pflanzliche Enzyme mit interessanten katalytischen Aktivitäten strukturell charakterisieren und andererseits für die Industrie relevante Enzyme mit evolutiven Methoden optimieren wollen. • Methoden zur Produktion rekombinanter Proteine Wir haben in den vergangenen Jahren eine Reihe von Systemen entwickelt, die zur effizienten bakteriellen Produktion und Reinigung von Proteinen dienen. Hierzu dienen z.B. der besonders stringent regulierte tet-Promotor für die stabile Produktion auch toxischer Proteine in E. coli. Das Plasmid pTUM4 gestattet die Koexpression vier periplasmatischer Faltungshelferproteine, was in vielen Fällen die sekretorische Proteinproduktion in E. coli verbessert. Das Strep-tag ist ein kurzes Peptidanhängsel mit neun Aminosäuren, welches aufgrund seiner intrinsischen Affinität zu Streptavidin die affinitätschromatographische Einschrittreinigung von rekombinanten Proteinen (aus Extrakten von E. coli, Hefe oder Zellkulturen) gestattet. Dieses System wurde mit kombinatorischen Verfahren und durch Proteinstrukturanalyse über die Jahre verbessert und stellt heute mit dem Strep-tag II und der StrepTactin-Affinitätsmatrix eine robuste und weitverbreitete Methode für die Molekularbiologie und Proteomforschung dar (Skerra & Schmidt, 2007). Zusammen mit Reagenzien, die auch den Nachweis oder gar die stabile Immobilisierung von Strep-tag(II)-Fusionsproteinen ermöglichen, wird dieses System von der IBA GmbH vermarktet. • Instrumentelle Methoden - Molecular Modelling - Molekularbiologie, Gensynthese, -sequenzierung - Screening-Systeme: Phage Display, Colony Screening, Fluorescence-activated Cell Sorting, Laborautomation - Proteinproduktion in E. coli und in Zellkultur, Laborfermenter - Proteinreinigung, Chromatographie - Spektroskopie & Biophysik: UV/VIS, CD, Fluoreszenz (incl. Lebensdauer), SPR (Biacore), DLS, ITC, ESI-MS (Bruker maXis), Stopped Flow Kinetik - Röntgen-Strukturanalyse von Proteinen (Tecan-Kristallisierrobotik, Formulatrix RockImager, Rigaku-Röntgengenerator, Osmic-Optik, Mar345 Image Plate Detector, Oxford Cryosystem) |