Kurzfassung der Geschichte des Lehrstuhls
Lehre und Forschung zur Pflanzenzüchtung in Weihenstephan begann im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts und ist eng mit den Namen Prof. Dr. C. Kraus sowie seines engen Mitarbeiters und späteren Nachfolgers Prof. Dr. L. Kießling verbunden. Kraus hatte aufgezeigt, dass einheimische Landsorten von Getreide wertvolle Ausgangsformen für die züchterische Verbesserung ihres Anbauwertes enthielten. Für interessierte Landwirte wurden daraufhin Einführungskurse in die züchterische Selektion angeboten, die den Anstoß zur Gründung eigenständiger Zuchtbetriebe in Bayern ebenso wie 1902 auch für die Einrichtung einer „Landesanstalt“ zu deren Betreuung an der damaligen Akademie für Landwirtschaft und Brauerei in Weihenstephan gaben.
Die nahezu zeitgleiche Wiederentdeckung der Mendel’schen Vererbungsgesetze veranlasste die Ausdehnung der zuchtmethodischen Forschung auf Kreuzungszüchtung und Vererbungsstudien, wobei Weizen und Gerste in den Mittelpunkt rückten. Kraus (1901-1918) ebenso wie Kießling (1920-1940) haben ihre wissenschaftliche Laufbahn als Professoren für Acker- und Pflanzenbau an der Technischen Hochschule in München fortgesetzt, in der nach langem Streit 1934 auch die Weihenstephaner agrarwissenschaftliche Hochschuleinrichtung überführt worden sind, während die Landessaatzuchtanstalt schon ab 1912 der Landwirtschaftsverwaltung zugeordnet wurde, gleichwohl aber bis 1927 unter der Oberleitung von Professoren Kraus bzw. Kießling gestellt war.
Während der Kriegs- und frühen Nachkriegsjahre wurde insbesondere die Forschungstätigkeit des Instituts von gravierenden Einschnitten betroffen. Während Prof. Dr. A. Scheibe (1941-1945) kaum mehr eigene Forschungsaktivitäten entfalten konnte, zumal ihm die Fortsetzung seiner Tätigkeit nach Kriegsende verwehrt blieb, war Prof. Dr. H. Raum (1946-1949), dem aus politischem Grund 1934 die Fortsetzung seiner pflanzenbaulich-züchterischen Lehrtätigkeit in Weihenstephan untersagt worden war, in den ihm nach seiner Rehabilitation verbleibenden Amtsjahren weitgehend von den Problemen in Anspruch genommen, die sich aus der provisorischen Unterbringung der Münchner Fakultät für Landwirtschaft in Weihenstephan zur Wiederaufnahme ihres Lehrbetriebes ergaben.
Mit der Berufung von Prof. Dr. G. Aufhammer (1949-1968) und der unter seiner Mitwirkung herbeigeführten Entscheidung, die Fakultät der Technischen Hochschule endgültig in Weihenstephan anzusiedeln, wurde eine Phase stetigen Auf- und Ausbaus eingeleitet. Als früherer Leiter der Weizenabteilung der Landessaatzuchtanstalt (seit 1936) verfügte er über umfangreiche Erfahrungen in der Qualitäts- und Resistenzzüchtung, mit neuen Versuchs- und Laboreinrichtungen konnte die Forschungstätigkeit erheblich intensiviert werden, wobei neben den Weizen wieder die Gerste trat. Mit der Berufung von Prof. Dr. G. Fischbeck (1968-1993) erfolgte die Umbenennung des Institut (später Lehrstuhl) für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung. Im Zuge des fortgesetzten Ausbaus zum „Grünen Zentrum Weihenstephan“ wurde die Züchtungsforschung des Instituts durch die Zuordnung einer C2-Professur für Zytogenetik (Prof. Dr. F. Zeller) verstärkt. Im Zentrum der Forschungsarbeiten standen weiterhin Gerste und Weizen. Internationale Zusammenarbeit erschloss breiten Zugang zur genetischen Diversität von Mehltauresistenz der Wildgerste einschließlich der Aufklärung von homeologen Beziehungen zwischen Gersten- und dem amphidiploiden Weizengenom hinsichtlich der Lokalisierung und Allelie von Mehltauresistenz. Enge Zusammenarbeit (München-Weihenstephan-Grünbach = MWG) ermöglichte im zusammenhang mit der Einrichtung eines S1-Labors die Kartierung des Gerstengenoms mit (MWG) RFLP-Sonden. Außerdem wurde die heftig umstrittene Durchführung von Freisetzungsversuchen mit transgenen Pflanzen zur Frage ihrer biologischen Sicherheit durchgesetzt.
1993 übernahm Prof. Dr. G. Wenzel, der das Institut für Resistenzgenetik der BAZ in Grünbach leitete, den Lehrstuhl (bis 1996 in Persolalunion mit dem Grünbacher Institut). Der Bereich Pflanzenbau wurde ab 2004 in den neuen Lehrstuhl von Prof. Dr. K.-H. Hülsbergen überführt. Im Mai 2005 fand die Umgliederung mit der Namensänderung in Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung ihren Abschluss.
Seit Oktober 2007 leitet Frau Prof. Dr. Chris-Carolin Schön den Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung. Frau Prof. Dr. Schön hat an der Universität Hohenheim und der Oregon State University, USA, Agrarwissenschaften studiert. Nach der Promotion war sie drei Jahre bei der KWS Saat AG als Koordinatorin Biotechnologie für die Mais- und Rapszüchtung zuständig. Seit 1996 leitete sie die Landeszuchtanstalt der Universität Hohenheim. In dieser Funktion war sie in viele züchterische Themen involviert. Dazu gehören der Einsatz molekularer Marker, die Resistenzzüchtung gegen verschiedene Krankheitserreger und die Hybridzüchtung. An der TUM School of Life Scinces möchte sie auch dazu beitragen, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Praxis umzusetzen.